Die Natur rächt sich

Pumpeneinsatz in Sophienthal

In diesem Wohnhaus ist das Wasser bereits bis in die Küche vorgedrungen. Foto: Manfred Utecht

Als der "Alte Fritz" vor knapp 300 Jahren das Oderbruch trocken legen liess, wurden zahlreiche Entwässerungsgräben und Vorfluter angelegt, um das Land für die Menschen urbar zu machen. Mehr als 200 Jahre funktionierte dieses System problemlos und gab den hier angesiedelten Menschen ein zuhause sowie bescheidenen Wohlstand. Das ging so lange gut, bis die Menschen damit anfingen, das Oderbruch ihren geänderten Bedürfnissen anpassen zu wollen. 

Bereits Mitte der 50-iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden dann die ersten Ideen verwirklicht. Im Laufe der Zeit sind immer gravierendere Veränderungen an der Natur vorgenommen worden, deren Folgen in den letzten Jahren das Leben der Menschen mehr und mehr negativ verändert haben. Riesige Teile des Oderbruchs stehen seit Mitte 2010 unter Wasser und sind für die Landwirtsschaft auch in diesem Jahr wahrscheinlich nicht mehr nutzbar. Die Schneeschmelze und die Niederschläge der vergangenen Tage haben das Wasser im Oderbruch weiter ansteigen lassen, dass nun auch die Siedlungen und Dörfer davon heim gesucht werden. 

Unsere Helfer haben am Sonnabendabend noch nicht einmal ihre Pumpen und Schläuche an der Bundesstraße 1 in Manschnow eingepackt, als der Hilferuf des Bürgermeisters der Gemeinde Letschin im THW - Ortsverband eingeht. Seit Sonnabend früh sind im Ortsteil Sophienthal insgesamt 5 Freiwillige Feuerwehren damit beschäftigt, das Dorf vor der drohenden Überflutung zu bewahren. Trotz aller Anstrengungen müssen sie am Nachmittag erkennen, dass ihre Kräfte für einen Einsatz dieser Größenordnung nicht ausreichend sind. 

Eine Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen des THW muß her. Aber wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Die vorhandenen Fachgruppen in den umliegenden Ortsverbänden sind bereit an der "Schwarzen Elster" im Einsatz, so dass der Einsatzleiter beim Landesverband des THW sich dazu entscheidet, die Fachgruppe aus Senftenberg in Marsch zu setzen. Gegen 00.30 Uhr in der Nacht zum Sonntag, trifft diese in Sophienthal ein und beginnt mit der Unterstützung der Seelower THW-Helfer die Pumpe für den Einsatz vorzubereiten. Insgesamt 600 m F- und 150 m A-Schlauch müssen verlegt werden, damit das abgepumpte Wasser nicht wieder sofort in das Dorf zurück läuft. Gegen 02.45 Uhr kann die Pumpe endlich in Betrieb gehen. 

Am Sonntagnachmittag um 16.00 Uhr treffen sich der Bürgermeister von Letschin, der Wehrleiter der Freiwliiligen Feuerwehr und der Ortsbeauftragte des THW Seelow vor Ort, um eine schwierige Entscheidung zu treffen. Es wird überlegt, ob der Pumpeneinsatz abgebrochen werden soll, weil bei allem Arrangement für die Menschen auch das Verhältnis von Kosten und Nutzen nicht aus den Augen verloren werden darf. Nach intensivem Nachdenken wird entschieden, den Einsatz bis Montag morgen 06.00 Uhr zu verlängern. Eine richtige Entscheidung, wie sich im nach hinein heraus stellt. Montag nacht gegen 03.00 Uhr beginnt das Wasser zu fallen und um 06.00 Uhr sind alle betroffenen Grundstücke vom Wasser befreit. 

Nach dem Rückbau der Technik und einem kräftigen Frühstück im THW - Ortsverband Seelow treten die Helfer aus Senftenberg den Heimweg an. Die Seelower Helfer verabschieden sich bei ihrem Ortsbeauftragten mit den Worten: "Bis heute Abend!" 

 Auch wenn diese Worte nach 16 hintereinander folgenden Einsatztagen eher scherzhaft gemeint sind, verbirgt sich doch darin eine traurige Nachricht: 

Die Natur rächt sich, solange gesunder Menschenverstand nicht über die phantastischen Ideen einzelner Interessengruppen siegt. Politische Entscheidungen sind gefragt, denn auf Dauer können die ehrenamtlichen Helfer von Feuerwehr und THW die Menschen im Oderbruch nicht vor den Folgen schwerwiegender Fehler im Natur- und Umweltbereich schützen.